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Inkontinenz bei Kindern mit PMD-Syndrom

Inkontinenz ist bei Kindern mit dem Phelan-McDermid-Syndrom ein charakteristisches Merkmal, mit dem die meisten zu kämpfen haben.

Bis zu einem gewissen Alter ist die fehlende Kontrolle über die Blase bzw. den Darm bei Kindern eine natürliche Sache. Normalerweise geschieht diese körperliche Entwicklung in den ersten 3-6 Lebensjahren. Wichtig ist, dass Kinder das nicht bewusst lernen können. Es ist eine Frage der körperlichen Reife, nicht des kindlichen Willens. Es kann daher nicht durch sehr frühes oder intensives Toilettentraining gefördert werden. Wenn das Kind körperlich so weit ist, kann es sich auch auf das Sauberkeitstraining einlassen.

Anfänglich schaffen die Kinder es tagsüber recht gut, später lernen sie, auch über Nacht, die Blase bzw. den Darm zu kontrollieren. Bei Kindern mit einer Behinderung ist dies häufig deutlich schwieriger, da sie den Vorgang oft nicht deuten können, oder aufgrund der körperlichen Situation nicht in der Lage sind, den Urin/Stuhl zu halten.

Dennoch schaffen es viele Kinder mit Behinderung, trocken zu werden.

Toilettentraining
Eltern können versuchen, das Kind an eine Toilette heranzuführen. Dem Kind selbst sollte man dabei keinen Druck machen. Je entspannter die Eltern an die „Sache“ herangehen, umso „einfacher“ haben es auch die Kinder. Entwicklungsverzögerte Kinder haben auch hier ihr eigenes Tempo. Es kommt auch vor, dass Kinder, die schon viele Monate sauber sind, wiederholt eine längere Phase durchleben, in der es nicht mehr klappt. Nicht entmutigen lassen, diese Phasen gehen vorbei und können auch bei gesunden Kindern vorkommen.

Verdauung verbessern
Viele PMD-Betroffene leiden unter Verstopfung. Verstopfung kann dazu führen, dass sich beim Urinieren die Blase nie ganz entleeren kann. Die Kinder spüren dadurch immer noch ein bisschen Harndruck und erfahren das Gefühl der kompletten Erleichterung nicht oder selten. Es ist für sie daher auch schwerer zu erspüren, wann sie auf die Toilette gehen sollten. Die Verdauung zu verbessern hilft daher auch beim Sauber werden und es kommt seltener zu Blasenentzündungen durch Rest-Urin.

Klingelmatte/Klingelhose
Besonders Kinder, die es tagsüber schaffen, den Urin zu halten, aber nachts damit Probleme haben, könnten es mit einer Klingelhose/Klingelmatte probieren.

Bei der Klingelmatte liegen die Kinder auf einer Matte, in die Feuchtigkeitssensoren eingearbeitet sind. Bei der Klingelhose sind diese Sensoren in einer speziellen Unterhose angebracht. Beide Varianten sind mit einem Signalgeber verbunden, der Alarm anschlägt, sobald sie Nässe spüren. Dadurch wird das Kind geweckt und verschläft den unbemerkten Harnabgang nicht.

Sonstiges
Inkontinenzartikel sind in unterschiedlichen Formen erhältlich, auch als Inkontinenz-Badebekleidung oder Pflegeoveralls.

Beispiel für Pflegeoverall:
www.claravital.de/Pflegeoverall-lang-4703-von-Suprima-S?gclid=EAIaIQobChMIzY_akujT5wIVCuaaCh1UZAADEAQYBCABEgIdxPD_BwE

 

Hilfsmittel – Deutschland:

Inkontinenzhosen (Windeln)
Ab dem vollendeten dritten Lebensjahr übernehmen die deutschen Krankenkassen die Kosten für die Inkontinenzversorgung mit Windeln. Die Krankenkasse nennt die Namen der Firmen, mit denen sie zusammenarbeitet. Diese ruft man an und lässt sich Probewindeln zusenden. Ist man damit zufrieden, lässt man sich vom Arzt ein Rezept ausstellen mit folgenden Daten: Name der Windelsorte, benötigte Anzahl pro Tag, Diagnose: PMD und Harn/Stuhlinkontinenz. Das Rezept sendet man an die Windelfirma und vereinbart die Lieferung. Am einfachsten ist es, wenn man ein Dauerrezept für 1 Jahr ausstellen lässt. (Stand: November 2019.)

Inkontinenzhosen gibt es in verschiedenen Größen und Saugstärken. Bei Kleinkindern bestimmt das Gewicht und die Körpergröße die Auswahl des Produktes. Für die Nacht wählt man meist eine Saugstärkere als für den Tag. Diese Windeln gibt es ebenfalls in Form von Klebewindeln oder Schlupfhosen.


Beratungsstelle:

Selbsthilfeverband – Inkontinenz
www.selbsthilfeverband-inkontinenz.org/svi_suite/svisuite/tipps_rezept.php?fbclid=IwAR3GB4qqsoU5P9BP6z99wfwD-6RHUO6fTzGtVAsBN6x1fQFUvr5iiAFvkVE

(Stand: Februar 2020)

 

Hilfsmittel – Schweiz:

Vor dem ersten Kontakt mit der Krankenkasse/Versicherung ist es besser, eine der Behindertenorganisationen zu kontaktieren, da man leider sehr viel falsch machen kann. Organisationen wie Pro Infirmis oder Procap beraten unabhängig von „Geldgebern“ wie Invalidenversicherung, Krankenversicherung und Kanton. (Wichtig: Die Beratung wird nur für in der Schweiz Wohnende angeboten.) Dann können entsprechende Hilfsmittel bei der Invalidenversicherung beantragt werden. Ab einem Alter von ca. 3 Jahren werden die Kosten für Windeln übernommen, sofern die Inkontinenz auf eine geistige Behinderung zurück geht oder der Magen-Darmtrakt durch Komponenten eines Geburtsgebrechens beeinträchtigt ist.

Zum Nachlesen im Familienratgeber von Procap: „Was steht meinem Kind zu?“

www.procap.ch/de/angebote/beratung-information/rechtsberatung/kinder-und-familien/ratgeber-fuer-eltern.html


Beratungsstellen:

www.proinfirmis.ch

Pro Infirmis
Feldeggstrasse 71
Postfach 1332
8032 Zürich
Tel: 0041-(0)58/775 20 00
contact@proinfirmis.ch


www.procap.ch

Procap
Frohburgstr. 4
Postfach
4601 Olten
Tel: 0041-(0)62 206 88 88
info@procap.ch


www.sahb.ch

SAHB – Schweizerische Arbeitsgemeinschaft Hilfsmittelberatung für Behinderte und Betagte
Dünnernstrasse 32
4702 Oensingen
Tel: 0041-(0)62 388 20 20

(Stand: Februar 2020)

 

Hilfsmittel – Österreich:

Aufgrund der vielen verschiedenen Krankenkassen gibt es (vorerst) noch keine einheitliche Regelung. Das Prozedere ist bei den meisten Krankenkassen wie folgt: Für Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr gibt es bei entsprechender Diagnose „Windeln auf Rezept“, also eine Verordnung für Hilfsmittel und Heilbehelfe. Die bekommt man vom behandelnden Kinderarzt. Auf der Verordnung wird die Diagnose „schwere Harn-/Stuhlinkontinenz aufgrund des PMD-Syndroms“ vermerkt und „Quartalsmenge erbeten“. Die Menge, die man auf einmal beziehen kann, ist abhängig von der jeweiligen Krankenkasse. Die Verordnung muss (meist) vorab von der zuständigen Krankenkasse zur Bewilligung eingereicht werden. Mit der bewilligten Verordnung bestellt/kauft man beim Händler, der von der Krankenkasse als Vertragspartner angegeben wird. Auch der kann je nach Krankenkasse variieren. Wie in Deutschland kann man bei einigen Händlern vorab eine Probemenge beziehen.

Die Rechnung reicht man dann mit der Verordnung bei der Krankenkasse ein. Für Kinder, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und schwerbehinderte Kinder (Bezieher der erhöhten Familienbeihilfe) sowie für Personen, die wegen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit von der Rezeptgebühr befreit sind, gibt es, bei manchen Krankenkassen, keine Kostenbeteiligung (also Selbstbehalt).

Vor der Bestellung ist es besser, Rücksprache mit der Krankenkasse zu halten. Falls die Eltern bei verschiedenen Krankenkassen sind, lohnt sich ein Vergleich der Leistungen. Eltern können entscheiden, bei wem das Kind mitversichert ist und damit auch die Krankenkasse mit den besseren Leistungen wählen.
(Stand: Februar 2020)

Quelle: Kriegsopfer- und Behindertenverband, www.kobv.at.
Achtung: Durch die Zusammenlegung der Krankenkassen kann es hier noch zu Änderungen kommen. Die damit einhergehenden Vereinheitlichung soll angeblich zu keiner Verschlechterung der Leistungen führen.


Beratungsstelle:

Kriegsopfer- und Behindertenverband Österreich
www.kobv.at

 

Unterwegs – Euro-Key:

In Österreich sind barrierefreie Toiletten fast ausschließlich mit dem Euro-Key zugänglich. Dieser kann von Inhabern des Bundesbehindertenpasses (Sozialministeriumsservice.at) mit bestimmten Zusatzeintragungen beantragt werden. Im Fall von Inkontinenz aufgrund von PMD sollte eine der notwendigen Zusatzeintragungen erfolgen bzw. auch ein medizinischer Befund ausreichen.

Infos und Beratung zu Euro-Key unbedingt vor Beantragung z.B. über den Behindertenrat: www.behindertenrat.at/euro-key/

Informationen über Euro-Key-Bestellungen und Standorte in Deutschland und der Schweiz:

Deutschland
CBF Deutschland
64293 Darmstadt, Pallaswieserstraße 123a
Tel: 0049 6151 8122-0, Fax: 0049 6151 8122-81
info@cbf-darmstadt.de

Schweiz
Koordinationsstelle eurokey.ch
4153 Reinach, Aumattstraße 70
Tel: 0041 848 084800
info@eurokey.ch

 

Autor: © Phelan-McDermid-Gesellschaft e.V., 2020